Entschleunigung auf laotisch

Geschrieben von David

Schon im Flugzeug wehte ein ganz anderer Wind: unsere Stewardessen der Lao Airline waren freundlich aber sehr entschieden. Bitte den Tische einklappen oder die Tasche tatsächlich unter die Sitzbank schieben!

Nach dem Ausstieg liefen wir bei herrlichstem Sonnenschein über die leere Landebahn und stellten uns brav in die Schlange der Visa in Arrival Ankömmlinge. Und welch Überraschung: wir plauderten nett mit dem Beamten, der die Visa ausstellte und der Beamte in der anschließenden Passkontrolle scherzte freundlichst. Der gesamte Flughafen war gegen unsere bisherigen Erfahrungen fast menschenleer und strahlte eine ungewohnte Ruhe und Gelassenheit aus. Wir fuhren mit einem Riesentaxi in die Stadt und kamen uns eher vor wie in Münklingen (die nette kleine Ortschaft in der Sabines Eltern leben!), so schön ruhig und entspannt war alles. Kein Gehupe, kaum noch Mopeds und breite Straßen mit ! – Bürgersteigen, auf denen man sogar laufen kann! Wir sind beeindruckt und freuen uns. Nach einmal Nachfragen findet der Taxifahrer auch unser Guesthouse und wir beziehen ein recht einfach gehaltenes Zimmer bei einer sehr netten laotischen Familie.

IMG_0488.JPGIMG_0503.JPGUnser erster Spaziergang führt uns gleich zum Mekong, wo wir auch essen und leckere Kokosnüsse schlürfen. Überall stehen geschmückte Boote und man merkt, das in zwei Tagen das große laotische Fest Awk Phansa stattfindet, an dem das Ende der Regenzeit und auch das Ende der Fastenzeit der Mönche gefeiert wird. Wir bleiben an einem sehr schönen Boot stehen und schauen kurz zu, wie ein paar Männer eifrig daran basteln und dekorieren. Natürlich wollen unsere Kinder auch ein Boot bauen und so beginnt unser erstes Projekt in Laos bereits nach kürzester Zeit.
Die umstehenden Laoten scheint es zu erfreuen und sie helfen uns mit Material und gutem Rat. Am Ende des Tages ist der Rohbau fertig und wir werden zu Cola und Bier eingeladen. Auch eine weitere Weltreisefamilie aus Paris interessiert sich für unser Bootsvorhaben und wir kommen gleich ins Gespräch. Endlich mal austauschen und andere Reisende treffen, die unter ähnlichen Umständen und Vorsätzen reisen. Sie wollen auch bauen und beschließen am nächsten Tag gleich morgens wiederzukommen. Mit unserem Boot unter dem Arm laufen wir stolz nach Hause in unser Guesthouse. Die ersten begeisterten Kommentare und Fragen erhalten wir bereits auf dem Weg und stellen fest, dass wir hier an einem Tag mit mehr Laoten geredet haben, als in vier Wochen mit den Vietnamesen! Einer unser Bauhelfer führt uns dann am Abend noch in das nahegelegen Wat, das über und über mit hunderten Laternen geschmückt ist. Alle Laternen werden per Hand durch Kerzen illuminiert. Zwischendurch laufen orange gekleidete und kahl geschorenen Mönche durch den Tempel und lächeln freundlichst. Sie beginnen zu beten und zu singen und wir sind völlig bezaubert von der Atmosphäre und Stimmung. Wir fühlen uns fast so, als wenn wir in einer Märchenwelt gelandet wären! Sichtlich beeindruckt und glücklich verlassen wir die heilige Stätte und kehren mit unserem Boot im Schlepptau zurück in unser Guesthouse.

IMG_0496.JPGIMG_0489.JPGAm kommenden Tag frühstücken wir lecker Bananen Pancake und machen uns dann gleich wieder auf zu unserem Bootsbau. Erst kommt der Unterbau und anschließend die ganze Verzierung. Wir bewundern, wie unser laotischer Nachbar mit dem Stecheisen aus gefalteten

Goldpapierlagen wunderschöne goldene Mäander und Borten bastelt. Wir bedienen uns zunächst der Reste und bekommen anschließend von ihm auch noch eigens hergestellte Goldborten geschenkt. Für den Unterbau verwenden wir leere Wasserflaschen und Bambus, den wir mit Schnur und Gaffa

zusammenbinden. Gegen Mittag gehen Nelio und Sabine ins Hostel um zu schauen, ob Anja und Maribel aus Neuseeland bereits gelandet sind. Liam und ich bauen weiter und bekommen mit der französischen Familie gleich weitere Baupartner. Die Franzosen Olivier und Caroline mit ihren Kindern Lou (9 Jahre) und Jule (7 Jahre alt) bekommen wiederum Unterstützung von zwei weiteren Weltreisefamilien aus Frankreich und Neuseeland. So expandiert unser Bauplatz und unsere Crew. Es wird geschnitten, geklebt, gesägt und geknotet. Man tauscht sich aus und gibt sich Tipps, zwischendurch plaudern wir über Reiserouten, Erfahrungen und Probleme beim Reisen mit Kindern.

Dann kommen Sabine und Nelio mit Anja und Maribel zum Bootsbauplatz zurück. Wiedersehensfreude und auch unser Team ist vollständig. Es werden Beiboote entwickelt, kleine Rettungsbarken und Kerzen montiert. Mittags essen wir an dem kleinen Restaurant, wo wir den ganzen Tag auch gebaut haben und abends führen wir Anja und Maribel in den gleichen Tempel, an dem wir am Vortag bereits so begeistern die illuminierten Laternen und Boote bewundert haben. Diesmal sind wir früher da und dürfen mit Kerzen anbringen und anzünden. Unsere Kinder haben viel Spaß und wir ziehen von Tempel zu Tempel, um zig Kerzen anzuzünden. Ein Lichtermeer entsteht und beseelt von dem tollen Eindruck laufen wir wieder mit unserem Boot, das inzwischen sogar eine eigene Sänfte erhalten hat, in Richtung Nachtmarkt. Dort essen wir noch lecker und unser mittlerweile ebenfalls mit Burning Man Led Lichterkettenresten erleuchtetes Boot erregt viel Aufsehen und Bewunderung.

Am nächsten Tag ist dann endlich der große Umzug mit dem Zuwasserlassen der Boote. Tagsüber besuchen wir noch zwei weitere Tempel und suchen uns noch ein neues Guesthouse. Unseres ist zwar von den Gastgebern her sehr nett doch leider wenig komfortabel, etwas laut und auch nicht gerade günstig. In dem anderen Guesthouse fühlen wir uns wesentlich wohler, treffen auch alle anderen Weltreisefamilien, und es entsteht eine tolle Stimmung mit Versteckspielen, Zusammensitzen und einem kauzigen deutsch sprechenden Betreiber.

Gegen 17 Uhr treffen wir alle die letzten Vorbereitungen an unseren Booten und dann geht es auch ziemlich schnell los. Ähnlich dem Karneval der Kulturen sind die riesigen Boote mit Startnummern versehen und dahinter versammeln sich Musikgruppen und Tänzerinnen. Alles ist voller Kerzen und Lampions und die Stimmung ist aufgeregt und ausgelassen. Um 19 Uhr geht es nach längerem Warten endlich los und wir reihen uns hinter “unserem“ Mutterschiff als Nummer 11 1 /2 in den Zug ein. Die Kinder werden umjubelt und zig mal fotografiert.

Zusammen mit den anderen Familien ziehen wir hinter dem großen Boot unserer laotischen Freunde hinterher und enden in einem großen Tempel unweit des Mekongs. Alle Boote werden eine schmale Treppe hinaufgetragen und reihen sich nebeneinander auf dem Vorplatz des Tempels. Es wird musiziert, getanzt, Feuergespuckt, Showkämpfe und Akrobatik vollführt, und immer wieder gestaunt und begeistert geschaut. Es ist ein Lichtermeer von 1000en Kerzen und Lampen, die alles in ein warmes und verzauberndes Licht tauchen. In einer weiteren langen Prozession werden die Boote zu Wasser getragen, eine steile Treppe hinab direkt zum Ufer des Mekong. Da die Kinder langsam schlapp machen und alles zu lange zu dauern scheint, nehmen wir unsere Boote und ziehen Flussabwärts, um sie ebenfalls zu Wasser zu lassen. Kurz hinter dem Platz an dem wir gebaut haben, kommen wir endlich ans Ufer und schicken unsere Boote mit guten Wünschen und Eigenschaften, die uns behindern oder die abwerfbar erscheinen, auf die Reise.

Dann stoßen wir erschöpft mit Bier und Sprite an, trennen uns von den Franzosen, Neuseeländern und auch von Anja und der erschöpften Maribel und gehen leicht angeheitert HotPot Essen am Ufer des Mekong: auf einem in den Tisch eingelassenen Holzkohlenfeuer grillt man sich selbst frischen Fisch, Fleisch, Pilze und Gemüse, am Rand kocht man seine Nudeln in dem eigenen Sud.

Auch unsere Kinder sind hundemüde, doch werden sie beim Grillen und Kochen wieder munter und haben ihren Spaß.

IMG_0507.JPGAm nächsten Tag schlafen wir aus und beschließen einfach noch länger in der Stadt zu bleiben. Wir machen tolle Ausflüge zu den atemberaubenden Wasserfällen Kuang Xi und Tad Sae, wo man in türkis blauem erfrischend kühlen Wasser schwimmen kann, wir schauen den Elefanten beim Baden zu oder vom hochgelegenen Wat Phousi auf den Sonnenuntergang, wir feiern Anjas Geburtstag, wir kriechen in Höhlen oder bestaunen Buddhas riesigen Fußabdruck. Wir schlendern über den Nachtmarkt, gehen ins Nationalmuseum und besuchen zahlreiche Tempel. Wir sind fasziniert von den buddhistischen Ritualen, lesen und lernen viel über Buddhismus und stehen sogar morgens um 5 Uhr auf, um den Mönchen beim morgendlichen Almosensammeln zuzusehen. Abwechselnd gehen wir, Männlein und Weiblein getrennt, in die Kräutersauna und lassen uns beim Roten Kreuz massieren.

Abends sitzen wir noch mit den anderen Weltreisefamilien zusammen und tauschen uns aus. So erfahren wir, dass das Selbstbeschulen in Frankreich wesentlich einfacher ist, sie dafür wesentlich weniger Informationen über den Schulstoff und das zu Lernende erhalten haben als wir. wIr sind beeindruckt von den toll ausgearbeiteten Tagebüchern der französischen Kinder und die französische Familie beneidet uns um unsere vielen vielen Lernhefte zum durcharbeiten.

 Neidvoll blicken wir auf eine andere französische Familie, die mit zwei Elektrobikes und Kindersitzen unterwegs sind. Lee und Christels zweijähriger Sohn Manu sitzt abwechselnd hinten drauf und mit wenig Gepäck ziehen sie, seit sie in China ihre Fahrräder gekauft haben durch Asien. Sie haben sich auch selbst ein Floss gebaut, sind drei Tage damit auf dem Mekong gefahren, können ihre Fahrräder sogar zusammenklappen und im Bus mit transportieren! Gestartet haben sie ihre Reise per Bus in Frankreich und sind bis in die Mongolei gefahren, wo sie ihren Bus verschenkt haben. Also, von denen können wir uns gut noch eine Scheibe Abenteuerlust abschneiden!

Luang Prabang hat uns wirklich so gut gefallen, das wir uns schwer tun, weiterzureisen, doch wir haben unseren Flug von Bangkok nach Myanmar bereits gebucht und merken, dass wir keine großen Touren mehr durch Laos schaffen.

Nach langem Hin und Her überlegen wir uns, mit dem Boot weiterzufahren und die zweitägige Mekongfahrt auf dem Slowboat als nächstes Verkehrsmittel zu nutzen. Auch wenn Anja und besonders Maribel in der Nacht ziemlich an Durchfall und Reiseübelkeit litten, entscheiden wir uns abzureisen. Insgesamt eine gute Entscheidung, denn zum einen geht es Maribel tatsächlich tagsüber wieder viel besser und zum anderen ist besonders der erste Tag auf dem Mekong herrlich entspannt und wunderbar entschleunigt. Wir fahren auf alten Autositzen mit einem kleinen Holztisch in der Mitte zusammen mit ca. 30 anderen Passagieren. Ein Hälfte Touristen, die andere laotische Reisende, die oft mittendrin am Flussufer aus- oder zusteigen. Übernachten tuen wir dann in Pakbeng, einem kleinen Örtchen, das hauptsächlich für diesen Stop geschaffen zu sein scheint. Aber auch andere Reisende auf Motorrädern oder in Jeeps treffen sich hier am Abend und sitzen bei Laobier oder leckerem Essen am Mekongufer. Wir übernachten günstig in vollkommen durchgelegenen Hotelbetten und fahren am nächsten Morgen gleich um 8 Uhr weiter. Unser zweites Boot hat leider keine Tische zwischen den Stühlen und so ist unsere Reiseschule am zweiten Tag weniger erfolgreich. Dafür bauen sich die Kinder herrliche Liegeflächen und chillen mit Kopfhörern während die schöne laotische Mekonguferbewaldung an ihnen vorbei gleitet. Abends gegen 17 Uhr kommen wir in Huay Xei an und genießen bei leckerem Essen auf dem Nachtmarkt und bei einer schönen Massage unter freiem Himmel etwas wehmütig unseren letzten Tag in Laos! Auf dem Nachhauseweg treffen wir noch einen Reisebürobesitzer, der gerade sein Geschäft abschließen will. Wir fragen ihn, wie wir am besten über die Grenze nach Thailand kommen und buchen kurzer Hand einen Minibus für den kommenden Morgen.

Wir werden überpünktlich abgeholt und beginnen dann über die Freundschaftsbrücke, die Laos mit Thailand verbindet das nächste Kapitel unserer Reise. Leider wurden wir durch die Krankheit von Liam und Nelio und unseren längeren Vietnamaufenthalt von unserem ursprünglichen Plan abgehalten auf dem Landweg und durch den Süden von Laos zu reisen. So waren wir am Ende nur knapp zwei Wochen in diesem wunderbaren und so gastfreundlichen Land. Doch wir sind uns alle einig, dass es eines der schönsten und das bisher entspannteste Reiseland unserer Tour war!